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Carmen Kuhnert

 

 Carmen Kuhnert für

 Lust & Leute vör die Dag 2010,

 erschienen im November 2010.

Und plötzlich war ich Königin

Kolumnistin Carmen Kuhnert über die letzten Stunden vor, während und nach dem Königschießen

Werner und Carmen Kuhnert

Liebe Lüstler und liebe Leute, liebe feierfreudige Neusser, wenn mir dies jemand ,,vor die Dag“ prophezeiht hätte, ich hätte ihn höchst wahrscheinlich ausgelacht. Ich und Königin. Prinzessin (auf der Erbse) war ich im Königsjahr 1978/79 meiner Eltern, aber mehr? Schützenfest 2010 begann heiter und unbeschwert, fernab von Gedanken, wie es bei Hofe so ist.

Oberst- und Königsehrenabend waren von Vorfreude geprägt, der Ordenssegen von S. M. Goetz war großzügig und so freuten sich Marschierer und ihre Röske auf die Dag.

Wetter? Dem hl. Antonius hatte ich vorab drei Euro versprochen, wenn es trocken bliebe. Eigentlich wollte ich fünf Euro geben, aber man riet mir, die Preise nicht kaputt zu machen. Beim Fackelzug klappte es schon mal vorzüglich. Das Paradewetter hingegegen machte es spannend, denn wir zogen uns aus (den Regenmantel) und zogen uns wieder an. Aber die Sonne setzte sich durch und S. M. Achim strahlte mit ihr um die Wette.

Nach der Parade saßen Mama Herta (Queen Mum 2010/11) und ich beim Essen auf dem Markt, als sich mein geliebter Scheibenschütze zu uns gesellte. ,,Es gibt noch keinen Kandidaten, die Jungs meinen, ich soll es machen!“

Mein unterstützendes ,,ja, dann mach et doch“ machte erstem, bedeutungsvollen Schweigen Platz. Gesagt, getan, wenn ich bis dahin geglaubt hatte, dies sei nur ein Scherz, wurde ich umgehend eines Besseren belehrt, denn über sein Handy wurde sogleich Kontakt mit dem Schwiegervater im Zeughaus aufgenommen, der diese wichtige Ankündigung dem Komitee weiterleiten sollte.

Derweil dachte ich noch nicht wirklich weiter, warum auch - vor dem Vergnügen kam ja immer noch das Schießen.

Dann kam der Montag. Ein ,,singing in the rain“ auf dem Kirmesplatz beim Frühschoppen der Scheibenschützen machte trotzdem gute Laune - am meisten bei Deutschlands Schirmfabrikanten.

Das Wetter war aber auch extrem nass und riss erst während des Umzuges am Nachmittag wieder auf. Prompt war durchgesickert, dass mein Werner es wagen würde. Die Polizei vorneweg wünschte Glück, der Oberst und viele befreundete Schützen ,,gut Schuß“, ja selbst Pferde mitsamt Reiter suchten meine Nähe und signalisierten Hoffnung auf ein glückliches Finale.

Den Abend verbrachten wir vorfreudeselig auf dem Jägerball, wo wie immer die Post abging und der Absacker im Sektzelt zum Pflichtprogramm gehört. Schön locker bleiben, dies war unsere Parole zur späten Stunde.

Dienstagmorgen, ein erstes Grummeln in der Magengegend war verspürbar. Bei herrlichem Spätsommerwetter zogen wir am frühen Nachmittag vom Frühschoppen der Scheibenschützen im Novotel hinein in die Stadt, um noch einmal König Achim und seiner Königin Heidi zu huldigen. Ihre Amtszeit neigte sich unaufhörlich dem Ende zu, nur noch drei Stunden bis zum Königsschießen. Ob ich im nächsten Jahr wirklich in dieser herrlichen Kutsche sitzen würde - nein, ich wollte es nicht glauben.

Ein letztes Fischbrötchen mit den Schützenfrauen und ab ging es auf die Wiese, wo wie in jedem Jahr tausende Menschen auf das Königsschießen warteten.

Rechts und links wurde ich begrüßt, gedrückt und geherzt, Schützenfreunde und Bekannte, aber auch fremde Mitbürger wünschten uns viel Glück. Es war noch gar nichts passiert, nein erstmalig in meiner rösigen Schützenfrauenlaufbahn suchte ich das Weite. Im Zelt vorne an der Theke war ein Plätzchen, wo ich mir ein Wasser gönnte und tiiieef Luft holte. So ganz nebenbei hatte ich hier auch meinen angegrauten Königsanwärter im Blick, der sich kurz darauf mit Komitee, Korpsführern, Noch-König Achim und dem zweiten Königsanwärter, unserem Freund Hans-Jürgen Hall, auf den Weg zur Vogelstange machte. Ich folgte einigermaßen aufgeregt am Arm eines Scheibenschützenfreundes.

,,Piff, puff, paff, de Vogel muss eraf“, das Schießen war an Spannung kaum zu überbieten. Schon glaubte ich an den Sieg von Hans-Jürgen, als sein Schuss dem Vogel zum Durchhängen verhalf und ihn damit für meinen Werner parat machte. Das Glück hatte es gut mit uns gemeint und mit dem 26. Schuss war ich neben meinem König Werner die neue Schützenkönigin.

Ich fand mich im allgemeinen Glückstaumel zunächst in den Armen von Mama Herta und Schwester Manuela wieder, um gleich danach auch auf Beate Hall zuzugehen und ihr Trost zu spenden. Der Jägermajor und seine Gattin sind jung und dynamisch genug und werden es sicher wieder versuchen. Unser Respekt und unsere Anerkennung begleiten Euch.

Mein König und ich wurden dem begeisterten Neusser Publikum präsentiert und es folgte ein bunter Wackelzug, die erste Parade und ein Feiermarathon, der mit dem feierlichen Zapfenstreich der Scheibenschützen auf meinem Lieblingsplatz, dem Münsterplatz, und einem anschließenden Empfang des Neusser Bürger-Schützenvereins im Zeughaus endete.

Als ich am nächsten Morgen erwachte, war ich noch immer Schützenkönigin, also hatte ich nicht geträumt .....!

Danke liebe Schützen, danke liebe Neusser für diese ersten tollen Stunden unseres vor uns liegenden Regierungsjahres.

Carmen Kolumna

,,Lust & Leute“ no die Dag 2010